Podcast - Anders gesagt. Jugendhilfe-Themen in Kunst, Kino, Literatur und Musik
"Anders gesagt" ist der Podcast der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen, der Jugendhilfe-Themen im Spiegel von Kunst, Kino, Literatur und Musik erkundet. Der Podcast beleuchtet, wie Geschichten, Werke und Figuren in der Popkultur und in den Medien – von Superheld*innen ohne Eltern bis zu realitätsnahen Porträts in Romanen und Filmen – die gesellschaftliche Wahrnehmung aber auch (Selbst)Repräsentation von jungen Menschen, Familien und Fachkräften in der Kinder- und Jugendhilfe bzw. den Hilfen zur Erziehungshilfen prägen. Dabei stehen beispielsweise Geschichten des Aufwachsens außerhalb der sogenannten "Herkunftsfamilie" aber auch Themen wie soziale Ungleichheit, Aufwachsen in Armut, familiäre Gewalt, Klassismus im Zentrum der Gespräche.
Mit Gästen aus dem Handlungsfeld der Hilfen zur Erziehung bzw. Kinder- und Jugendhilfe, der Kultur- und Medienwelt sowie jungen Menschen mit eigenen Erfahrungen stellen wir Fragen: Welche Verbindungslinien zwischen Popkultur, "Fachwelt" und den Geschichten junger Menschen gibt es? Welche alternativen Narrative und kreativen Ausdrucksformen gibt es jenseits dominanter Bilder? Wie nutzen Jugendliche Comics, Filme und andere Medien, um ihre eigenen Geschichten zu erzählen? Jede Folge bietet spannende Perspektiven und möchte sichtbar machen, wie sich Themen der Jugendhilfe in künstlerischen und medialen Formen widerspiegeln – ein Muss für alle, die mehr über die Schnittstellen von Jugendhilfe, Gesellschaft und Kultur erfahren möchten.
Superheld*innen mit und ohne Cape?! Comics, Care-Erfahrung und Selbstermächtigung
16. Dez. 2024
Superman, Batman, Anne with an „E“, Nubia – was verbindet diese fiktiven Held*innen, abgesehen davon, dass sie die Welt retten? Sie alle wachsen ohne ihre Eltern außerhalb der Herkunftsfamilie auf oder sind Waisen. Dieses omnipräsente Motiv prägt die Welt der Superheld*innen und ihre sogenannten „Origin Stories“, die von Verlust, Transformation und dem Entdecken der eigenen Stärken erzählen.
Das macht die Geschichten von „Superheld*innen“ zur einer faszinierende Linse, um Popkultur und Erzähltraditionen zum Verlust von Eltern, Familie oder dem Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung, aber auch der Selbstermächtigung von jungen Menschen zu untersuchen. Darüber spreche ich mit Tanja Abou - Sozialpädagogin, Social Justice Trainerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt Care Leaver Statistics. Im Gespräch fragen wir uns: Warum ist der Verlust von Eltern oder Familie so zentral für Held*innenfiguren? Können solche Erzählungen stigmatisierend wirken, oder bieten sie auch ermächtigende Perspektiven für junge Menschen – insbesondere für diejenigen mit eigenen Erfahrungen als Care Leaver*innen? Dabei teilt Tanja teilt nicht nur wissenschaftliche Einblicke, sondern auch ihre persönlichen Erfahrungen mit Leaving Care, die sie als Inspiration und Ausgangspunkt für ihre selbst gezeichneten Comics nimmt.
Wir werfen dafür einen Blick auf die Ausstellung Superheroes, Orphans & Origins: 125 Years in Comics des Londoner Foundling Museums, das die Verbindung zwischen Care-Erfahrungen und der Entstehung ikonischer Comicfiguren nachzeichnet. Neben einem kritischen Blick auf weniger gelungene Beispiele, geht es vor allem um die Geschichten, die zeigen, wie Superheld*innen-Narrative Empowerment, Identifikation und Selbstermächtigung ermöglichen können. Abschließend beleuchten wir, wie Comics und visuelle Kunst als Mittel genutzt werden können, um eigene Erlebnisse und Identitäten kreativ zu gestalten - ohne jungen Menschen im Hilfesystem die Bürde aufzuerlegen, held*innenhaft sein zu müssen.
Freut euch auf ein inspirierendes und vielschichtiges Gespräch über Popkultur, Care-Erfahrungen und die transformative Kraft von Comics.
"Ein Mann seiner Klasse": Im Gespräch mit Christian Baron über Aufwachsen in Armut, Mut und den Kampf gegen Klassismus
13. Nov. 2024
In dieser Episode spreche ich mit dem Journalisten und Schriftsteller Christian Baron über sein autobiografisches Buch "Ein Mann seiner Klasse". Diese Episode enthält sensible Inhalte, die triggern können. Im Interview tauchen wir tief in sehr bewegende Passagen seines Romans ein und beleuchten anhand dessen seine Kindheitserfahrungen, das Thema "Aufwachsen in Armut", Gewalt innerhalb seiner Familie und über Bildungsaufstieg und das Schreiben "um und über" sein Leben. Dabei verknüpfen wir Christians persönliche Geschichte mit Fragen zur Verantwortung der Kinder- und Jugendhilfe für ein diskriminierungsfreies Aufwachsen junger Menschen, insbesondere mit Fragen zur sozialen Herkunft. Ein Gespräch, das Mut macht und zugleich sensibilisieren will, wie entscheidend die soziale Herkunft für die Teilhabe- und Bildungsgerechtigkeit für junge Menschen noch immer ist.
Der Auftakt – Bilder stationärer Hilfen und die Idee hinter "Anders gesagt"
vom 04. Nov. 2024
In der ersten Folge von Anders gesagt sprechen wir mit zwei Kolleginnen aus der Geschäftsstelle der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen über die Entstehungsidee und den Hintergrund unseres neuen Podcasts. Gemeinsam erkunden wir anhand eines Beispiels die medialen und öffentlichen Bilder des historischen Begriffs der sog. "Heimerziehung" und werfen einen Blick auf den entsprechenden Wikipedia-Artikel, in dem das Bild von Frederick Cayley Robinson "Acts of Mercy Orphans I" aus dem Jahr 1915 verlinkt ist. Wir diskutieren, welche Vorstellungen dadurch geprägt wurden, wo solche Bilder heute noch auftauchen und warum viele junge Menschen mit Jugendhilfe-Erfahrung und Careleaver*innen den Begriff "Heimerziehung" ablehnen. Ein spannender Einstieg in die Welt der Jugendhilfe-Themen und Jugendhilfe-Geschichten im Kontext von Popkultur, Kunst und Medien!
Hinweis: Mit den derzeit laufenden Reformplänen und dem Referentenentwurf eines "Kinder- und Jugendhilfeinklusionsgesetzes" ist vorgesehen, dass der Begriff "Heimerziehung" entsprechend der Kritik von jungen Menschen aus den bundesgesetzlichen Regelungen in Deutschland, die die Kinder- und Jugendhilfe betreffen (SGB VIII) gestrichen wird. Die
IGfH
begrüßt ausdrücklich, dass dieses Anliegen im Entwurf umgesetzt wird.
Link zum, Wikipedia-Artikel und dem dort verlinkten Gemälde, auf das wir uns beispielhaft beziehen: https://de.wikipedia.org/wiki/Heimerziehung
"Behandelt uns wie normale Kinder und Jugendliche!" - Artikel des BUNDI - Bundesnetzwerk der Interessenvertretungen in der Kinder- und Jugendhilfe, erschienen in der in der Fachzeitschrift "Forum Erziehungshilfen" (Heft 3/22). Der Artikel dockt an die in der Folge formulierte Kritik am Begriff "Heimerziehung" an und beschäftigt sich damit, mit welchen Vorurteilen junge Menschen, die in stationären Hilfen aufwachsen, zu kämpfen haben und warum sie wollen, dass bestimmte Worte nicht mehr in der Öffentlichkeit verwendet werden. Wenn ihr den Artikel lesen wollt, findet ihr den Download hier.
Vergleiche auch das Projekt "Zukunftsforum Heimerziehung" der IGfH: https://igfh.de/zukunftsimpulse-fuer-heimerziehung