Sicherstellung des Kinderschutzes bei der Unterbringung, Betreuung und Versorgung unbegleiteter ausländischer Kinder und Jugendlicher in Krisenzeiten
Im Zuge der in zahlreichen Bundesländern (vgl. Themenseite des BumF) eingeführten Standardabsenkungen von Kinder- und Jugendhilfeleistungen für
umF
hat sich nun auch Bundesfamilienministerium in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesjugend‐ und Familienbehörden (
AGJF
) mit einer Punktuation vom 19.01.2024 geäußert.
Die Punktuation fokussiert auf die Auslegung einschlägiger Rechtsnormen mit Blick auf die „Sicherstellung des Kinderschutzes für unbegleitet minderjährige Flüchtlinge im SGB VIII“. Landesrechtliche Regelungen oder Empfehlungen bleiben unberührt.
Aus einer ersten Sichtweise der
IGfH
nimmt die Punktuation eine starke Fokussierung der Verantwortung und des Auftrags der Kinder- und Jugendhilfe auf lediglich Kinderschutzaspekte vor. Aufträge und Rechte bezüglich der Entwicklung und Förderung einer selbstbestimmten Persönlichkeit werden nicht angesprochen.
Dabei wird einerseits klargestellt: „Hierbei ist zu beachten, dass sich Regelungen zu Unterbringungs- und Betreuungsstandards im Bundesrecht grundsätzlich auf die Kinder- und Jugendhilfe insgesamt und nicht auf die Betreuung, Versorgung und Unterbringung von einzelnen Zielgruppen (z. B. umA) beziehen“ (Punktuation vom 19.01.2024, S. 2).
Widersprüchlich mutet dann jedoch an, dass die Festlegung bzw. de facto Absenkung von Betreuungsstandards erneut auf einer Differenzierung entlang vermeintlich unterschiedlicher Bedarfslagen und dem Status „Geflüchteter“ erfolgt: „Die Festlegung von Betreuungsstandards muss daher anhand von konkreten Bedarfslagen und Aufgabenbereichen erfolgen; Abstufungen in Bezug auf die zugrundeliegenden Betreuungsstandards sind daher abhängig vom Zweck, der Konzeption, der Zielgruppe und der erbrachten Leistungen möglich und können dabei helfen, die zur Verfügung stehenden Ressourcen des Jugendhilfesystems möglichst zielgerichtet einzusetzen“ (S. 2).
So schlägt die Punktuation dann in Bezug auf das Fachkräftegebot, die Betriebserlaubnis (temporäre Unterbringungsform, Räumlichkeiten) sowie unterschiedliche Leistungsformen der Kinder- und Jugendhilfe dann erneut „Handlungsspielräume“ zur Umsetzung des SGB VIII entlang des Status umF vor, bei der auch offenbar eine als vermeintlich geringer unterstellte Schutzbedürftigkeit älterer geflüchteter Jugendlicher und junger Erwachsener in Erwägung gezogen werden solle.: „In Bezug auf vor allem ältere unbegleitete Minderjährige ist festzustellen, dass nicht alle eine Rundumbetreuung durch pädagogische Fachkräfte benötigen bzw. weniger zeitintensive Betreuung und Begleitung benötigen, gegebenenfalls aber erhöhte Bedarfe im Hinblick auf z. B. traumapädagogische Angebote haben können“ (S. 3).
Diese Einschätzungen werden in der Punktuation allerdings nicht auf empirische Quellen rückbezogen.
Die IGfH steht in intensivem Kontakt mit Fachorganisationen und Nichtregierungsorganisationen und wird sich zeitnah zur aktuellen Situation unbegleiteter Minderjähriger und junger Volljähriger äußern.