Bundestagung Integrierte Erziehunghilfen 2025

Foren am 26.03.2025

Forum 1: Fall im Feld
Qualifizierung der Fallarbeit durch einzelfallunspezifisches Handeln? 
Stefan Godehardt-Bestmann (IU Internationale Hochschule) 

Im Bereich der Sozialen Arbeit wird in vielen Handlungsfeldern nach wie vor das Hauptaugenmerk auf die individual-persönlichen sowie die im Adressat:innensystem immanenten Faktoren gelegt. Durch einzelfallbezogene Hilfen wird versucht, eine wirksame und nachhaltige Unterstützung für eine Person bzw. Personensysteme anzubieten. Dieser Fokus kann durch eine sozialräumliche, sogenannte einzelfallunabhängige Arbeit erweitert werden und die außerhalb des Adressat:innensystems wirkenden und damit auf dieses maßgeblich Einfluss nehmenden Faktoren berücksichtigen. Ausgehend von einem alltagsorientierten Setting in lebensweltlichen Bezügen der Menschen gilt es, die Soziale Arbeit durchaus im Sinne einer personenbezogenen Dienstleistung, als eine Profession zu verstehen, die im Spannungsfeld zwischen Individuum und Gesellschaft am Verhalten der Adressat:innen und zugleich an den Verhältnissen des Sozialen Raums arbeitet.


Forum 2: Adressat*innen und Partizipation
Vom Nutzen der integrierten flexiblen Hilfen für Adressat*innen
Nicole Rosenbauer (FH Erfurt)

Mit der Trias Flexibilität, Integration und Sozialraumbezug ist die Zielsetzung verbunden, eine deutliche Adressat:innenorientierung zu erreichen – das heißt passgenauere, ganzheitliche Hilfearrangements, die an den Bedarfen und Bedürfnissen, am Eigensinn und den Lebenslagen der jungen Menschen und Familien ausgerichtet sind. Partizipation und reale Beteiligung sind hierfür eine Grundvoraussetzung. Vorgestellt werden empirische Ergebnisse aus der Perspektive der jungen Menschen und Familien selbst, wie Formen integrierter flexibler Hilfen wahrgenommen und erlebt werden; wie sich Einbezug und sozialräumliche Perspektive aus ihrer lebensweltlichen Sicht darstellen. Da ernstgemeinte Beteiligung immer die Machtfrage stellt und häufig abgewehrt wird, wird diskutiert, wie den „Stimmen“ der jungen Menschen und Familien mehr Wirkmacht in der Alltagspraxis und für Veränderungsprozesse gegeben werden kann.     

   

 Forum 3: Kooperation und Multiprofessionalität
Gestaltung von Kooperationen und Multiprofessionalität im Sozialraum 
Barbara Lochner & Ulrike Igel (FH Erfurt)   

Kooperationen und Multiprofessionalität gelten oft als Qualitätsmerkmal für gelingendes (sozialräumliches) Arbeiten. Beim genaueren Hinsehen zeigt sich, dass Potenziale und Gestaltungsmöglichkeiten teilweise nicht ausgeschöpft werden und sich Kooperationsbeziehungen als zähe, zeitraubende Add-ons oder oberflächliches Nebeneinander entpuppen. Soziale Arbeit kann an dieser Stelle als Vermittlerin fungieren und dabei unterstützen, ein Verständnis für unterschiedliche Handlungslogiken zu entwickeln und Formate der Zusammenarbeit zu gestalten, die ein Einlassen auf andere (professionelle) Perspektiven und damit ein tatsächliches gemeinsames multiprofessionelles Arbeiten ermöglicht.             

              

Forum 4: Strukturen und Finanzierung
Gewinn als Ausgleich von Risiken: auskömmliche Finanzierungen sichern 
Andreas Dexheimer (Diakonie Rosenheim) 

In den letzten Jahren gab es richtungsweisende Entscheidungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Kalkulation von leistungsgerechten Entgelten. So hat unter anderem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof 2024 entschieden, dass tarifliche Gehälter, ein Risikoausgleich und Fremdkapitalkosten den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsgerechtigkeit entsprechen und folglich in den Entgeltkalkulationen zu berücksichtigen sind. Dadurch soll gewährleistet werden, dass keine Einrichtung gezwungen wird, die von ihr erwarteten Leistungen unterhalt ihrer „Gestehungskosten“ anzubieten und zu erbringen. Diese Entscheidungen haben weitreichende Konsequenzen in den Verhandlungen nach §§ 77 bzw. 78b SGB VIII.

 

Forum 5: „Gute Orte“: Einbeziehung stationärer Hilfen in integrierte, sozialraumbezogene Hilfen
Friedhelm Peters (Fachgruppe Integrierte Erziehungshilfen der IGfH) und Hartmut Rotermund (Alida Schmidt-Stiftung Hamburg)

Schaut man in die Historie der Heimerziehung und der ambulanten Hilfen, gab es 'schon immer' Versuche, sich mit den jeweils fehlenden Teilen anzureichern. Stationäre Wohnformen wollten gerne auch ambulante Hilfen anbieten und ambulante Hilfen auch solche über Tag und Nacht. Jenseits von Angeboten 'unter einem Dach', sprich durch den gleichen Träger (und nur manchmal im gleichen Haus), haben sich solche Versuche nur selten (über längere Zeit) realisiert. Welche Gründe gibt es, die es so schwer erscheinen lassen, in integrierte, flexible Hilfen auch stationäre Elemente zu verankern und welcher Schritte bedürfte es, um zur konkreten Verknüpfung ambulanter und stationärer Angebote zu kommen?